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Mulde-Radweg - Von Dessau nach Colditz

Mulde-Radweg

Von Dessau nach Colditz

Pfingsten 2004 ging es in 3 Tagen die Mulde hinauf bis zum Zusammenfluss der Zwickauer und Freiberger Mulde in Colditz. Alles in allem 188 sonnige Kilometer.

Anreise nach Dessau


Bahnhof Magdeburg
Um gleich am nächsten Morgen direkt von Dessau starten zu können fahren wir noch am Abend vorher nach Feierabend mit dem Zug von Magdeburg los. Mit dabei sind Katja, Natalie, Kai, Andre und Konrad. Die Sonne scheint und wärmt mit angenehmen 23°. im Angesicht des wieder, entgegen aller Vorsätze, reichlichen Gepäcks werden die Fahrstühle auf beiden Bahnhöfen in Dessau und Magdeburg zu einer lobenswerten Investition der Bahn erklärt.

In lockerer Gänsefahrt geht es durch das schön Dessau mit den noch schöneren Radwegen. Ein Musterbeispiel geglückter Radpolitik. Schnell sind auch die A9 und ein Einkaufsgebiet passiert. Auf dem Campingplatz treffen wir die Dame mit ihrem ganz eigenen Verständnis von Service und Kundenfreundlichkeit wieder*. 3 Zelte und 5 Leute waren wohl so kompliziert, dass sie uns glatt nur 2 Zelte berechnete :-)


Zeltplatz Dessau
Der Zeltplatz machte ansonsten aber einen sehr freundlichen Eindruck. Es findet sich eine kleine Ecke für Tagescamper und ein sehr sehenswertes Dauercamperareal. Das angrenzende sehr schmucke Seebad Adria wird für zu kalt befunden und nur vom Ufer aus besichtig.

Den Grillfahnen der umliegenden Camper halten wir nur 10 Minuten stand. Dann wird beschlossen, im nahe gelegenen Kaufland noch schnell einen Einweggrill zu besorgen. Ab 20 Uhr wird zurückgeräuchert!



1. Tag Dessau - Eilenburg (79km)


Morgendliches Startfoto
Kurz nach Sonnenaufgang um 9 geht es los. Noch schnell ein Versorgungsstopp bei Kaufland - es stehen 2 Feiertage bevor. Natürlich darf dabei ein weiterer Einweggrill nicht fehlen. Auf sehr ruhigen Asphaltstrassen vergehen die ersten Kilometer wie im Flug. Das Loch zu einer vorbeiziehenden Rennrad-Trainings-Gruppe kann kurze Zeit später wieder zugefahren werden. Ein Überholen misslingt allerdings aufgrund von Koordinationsproblemen innerhalb unseres Teams.

Vorbei und durch solch schöne Orte wie Sollnitz, Kleckewitz und Raguhn geht es auf den Muldenstausee zu. Dabei treffen wir auch mal ortsunkundige Ortskundige die einem lieber einen falschen Weg als gar keinen beschreiben. Und wir merken, dass Pfingstsamstag ist. Aber vielleicht ist hier auch sonst so wenig los.


Gewöhnungsbedürftige Wegweisung
Die Wegweisung des Muldetalradwegs erweist sich in diesen Breiten aufgrund der noch ungewohnten und fragwürdigen Verwendung von Übereckwegweisen als katastrophal. Aber zum Glück haben wir ja unsere Karte aus der Vorsintflutzeit vor 2002. Eine erste Mittagsrast wird am "Haus am See" über dem Muldestausee abgehalten. Trotz schönstem Wetters werden warme Gerichte nicht draußen im vorhandenen Biergarten serviert. "Essen gibt's nur drin. Wegen Pfingsten!". Nun gut. Die Service-Wüste Ostdeutschland hatten wir ja schon anderen Orts kennen gelernt.

Weiter geht's mit einem wunderbaren Blick über den Muldestausee auf Pouch zu, dessen korrekte Aussprache nur waschechte Sachsen hinbekommen. Andre bricht an dieser Stelle die 3. Speiche am Hinterrad. Selbst Schuld lautet die Diagnose. Was fährt er auch mit 2 gebrochenen Speichen in Magdeburg los. Dafür bietet der Blick über den bei der Jahrhundertflut sehr überraschend gefluteten Tagebau Goitsche ein beeindruckendes Panorama. Kilometerlang zieht sich hier der Radweg entlang des neuen Sees auf schönstem Asphalt.

Nach einem kurzen Stopp in Löbnitz mit der an einem Pfingstsamstag vergeblichen Suche nach etwas Radladenähnlichem geht es weiter auf einer ruhigen Strasse nach Bad Düben. Der Bahnhof hier ist seit Jahren verwaist und so müssen Andre und Natalie ihre Räder per Bus zum nächsten Bahnhof nach Eilenburg schaffen um von dort die verfrühte Heimreise anzutreten.


Auf der Fähre in Gruna
Wir anderen drei müssen uns sputen, denn um 18 Uhr geht die letzte Fähre in Gruna über die Mulde. Wir erreichen sie pünktlich und nach einem kräftigen "Hol über" geht es gemächlich über die ruhig dahinfließende Mulde. Die letzten Kilometer nach Eilenburg werden mit einem kühlen Eis im Fährhaus eröffnet. Die Strecke von Bad Düben an bis zum Ortseingang Eilenburg ist der bisher am schlechtesten zu befahrene Abschnitt.

Der Campingplatz in Eilenburg ist um einiges größer als der Dessauer. Das Angebot des direkt nebenan liegenden Baggersees nutzt diesmal zumindest Konrad zur Abkühlung. Durch die Abreise von Andre und Natalie bleibt uns Drei an diesem Abend überproportional viel Gegrilltes. Und man will ja auch nichts verkommen lassen. Bei Dunkelheit finden wir übervoll daher schnell in den Schlaf.


2. Tag Eilenburg - Colditz (72km)


Campingplatz Eilenburg
Am nächsten Morgen geht auf nach dem Hochwasser völlig überholten Strassen durch die schönen Muldenauen nach Wurzen. Ein Hingucker ist auf diesem Abschnitt die Muldenbrücke bei Canitz, die scheinbar völlig willkürlich mitten auf einem Feld steht. Leider muss man die Räder hier auch tragen. Wurzen kündigt sich schon früh am Horizont durch die mächtigen Türme der Krietzschwerke an.


Muldenbrücke bei Canitz
Auf dem Marktplatz kehren wir zunächst in der "Alten Brauerei" ein genießen die sehr nette Gastfreundschaft und das leckere Essen. Danach geht es auf eine kleine Sightseeing Tour durch die Gassen der Stadt. Da dürfen natürlich Dom und Schloss nicht fehlen. Am Ortausgang in Wurzen wird die Mulde wieder mit Hilfe einer Fähre überquert. Das nächste Ziel ist das Schloss Trebsen. Dorthin geht es über kleine Hügel und dichte Wälder. Das Schloss in Trebsen liegt genau am Muldeufer. In den letzten Jahren wurde es in Zusammenarbeit mit der ebenfalls in Trebsen ansässigen Schule für Denkmalpflege liebevoll wieder hergerichtet.


Zerstörte Brücke in Grimma
Kurz nachdem wir die A14 passiert haben, zeigen sich uns in Grimma erstmals offensichtlich die Schäden der Jahrhundertflut. Zwar war schon vorher einer der meistgenutzten Sprüche auf der Tour: "Das war hier alles weg. Da war überall Wasser". Doch hier in Grimma fehlen ganze Häuser und Brücken, die auf unserer Karte noch eingezeichnet sind. Dafür ist das, was noch steht zumindest äußerlich umso schöner wieder hergerichtet worden. Ein kleiner Abstecher zum Bahnhof lässt für die Heimreise am nächsten Tag nichts Gutes hoffen. Kurz hinter Grimma ist Schluss mit der Freude am Bahnfahren. Hochwasserschäden.


Colditz
Das Tal der Mulde wird nun enger und wir merken dies an den ersten kleinen Steigungen. Die sind allerdings kein Vergleich zu dem, was uns noch erwartet. In Colditz begrüßt uns das hoch über dem Tal gelegene Schloss. Wir wissen lediglich, dass irgendwo in der Gegend ein Campingplatz sein muss. In der Jugendherberge hilft man uns gerne weiter und weist uns einen kleinen Weg gleich neben der Herberge. Für Autos ist dieser gesperrt, denn er geht senkrecht den Berg hoch. Da fällt selbst das Schieben schwer. Es dämmert langsam. Und ein Campingplatz ist noch nicht in Sicht. Konrad entschließt sich daher, den Berg im Amstrong-Stil zu bezwingen und als Vortrupp die Lage zu sondieren, während sich Katja unter den aufmunternden Bemerkungen von Kai heldenhaft die Steigung hochkämpft. Auf dem Berg angekommen kann man nun allerdings nach Gehör fahren. Das Gegröle der Eingeborenen Campingplatzbewohner aus den Tiefen des Waldes ist nicht mehr zu überhören** :-)

Mit dem letzten Licht des Tages erreichen wir nach einer rasanten Abfahrt endlich den lang ersehnten Campingplatz. Ein lauschiges Örtchen mitten im Wald.


3. Tag Colditz - Grimma - Heimfahrt (26km)


Schloss in Colditz
Schon am Vorabend hatten wir beschlossen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um nicht den Berg wieder hochzumüssen. Konrad fährt daher ohne Gepäck auf verworrenen Pfaden durch den Wald und findet einen Weg zum Schloss ohne dazwischen liegende Berge. Hätten wir den Weg am Tag zuvor gekannt .

Es ist immer noch unklar, von wo aus wir mit dem Zug die Heimreise antreten werden, da auch die Einheimischen sich nicht sicher sind, welche Strecken seit dem Hochwasser wieder hergerichtet wurden. Sie haben ja auch alle ein Auto ;-) Uns bleibt aber genug Zeit für eine ausgiebige Schlossbesichtigung in Colditz. Das Schloss war im 2. Weltkrieg ein Gefangenlager für "Besondere Fälle" und wurde vor allem durch seine vielen Ausbruchsversuche bekannt.

Der Zusammenfluss der beiden Mulden (Zwickauer und Freiberger) wird ebenso besichtigt wie das kleine Podelwitzer Schloss. Der Bahnhof in Tanndorf erweist sich allerdings als Niete. Wir müssen also zurück nach Großbothen. Aus den Fahrplänen vom Vortag wissen wir, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt. Die nun folgenden 10km werden die schnellsten. Wir erreichen den Zug mit Müh und Not und lassen mit ihm ein schönes Muldental hinter uns. Der Beschluss, demnächst das restliche Stück bis zur Quelle auch noch zu fahren ist schnell gefasst.



* Vorgeschichte zur "Service-Freundlichkeit" des Campingplatzes in Dessau:

Zwei Tage vor Anreise hatte ich ein recht amüsantes Telefonat mit der Campingplatzvorsteherin:

Frauenstimme: "Ja?"
Ich: "Äh ja ... schönen guten Tag, Mühler mein Name. Bin ich da im Seebad Mildensee?"
Sie: "Natürlich *grummel"
Ich: "Ich hab da eine Frage, weil wir am Freitag bei Ihnen campen ..."
Sie: "Wir machen keine Bestellung. Wenner voll is isser voll *hrmpf"
Ich: "Äh ja. Ich wollt eigentlich auch nur fragen, bis wann wir kommen können."
Sie: "Wann Se wollen. Wenner voll is isser voll."
Ich: "Ja, müssen wir bis 18 Uhr oder ..."
Sie: "20 Uhr! Und wir machen keine Bestellung! Wie viele wären Sie denn?"
Ich: "So 2,3 kleine Zelte"
Sie: "Wir machen aber keine Bestellung!"
Ich: "Sagten Sie bereits. Besteht denn die Wahrscheinlichkeit, dass der Zeltplatz am Freitag-Abend voll ist?"
Sie: "Kann ich nicht sagen. Kann sein, aber auch nicht."
Ich: "Na Sie haben doch da sicher Erfahr..."
Sie: "Wie alt sind sie denn alle?"
Ich: "Zusammen? Keine Ahnung, aber jeder weit über 18."
Sie: "Ok"
Ich: "Haben Sie vielen Dank. Wiederh..."
Sie: *klack*

Man konnte ihr grimmiges Service-Gesicht quasi durch die Telefonleitung spüren ...
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** Homo saxonis campensis - Beobachtungen auf einem sächsischen Campingplatz

Nur unter großen Anstrengungen und Entbehrungen ist dieser Platz in den Colditzer Höhen zu erreichen. Äußerlich scheint es ein ganz normaler Campingplatz zu sein. Doch unsere Recherchen ergaben, dass es ein Platz geheimster ritueller Sitten und Gebräuche ist ...

Bei Eintritt der Dunkelheit entzündeten die Eingeborenen am Rande des Platzes ein Lagerfeuer. Das Klein- und Großholz hatten sie anscheinend am Tage zuvor aus den umliegenden Wäldern zusammengetragen. Durch die Verwendung von scheinbar stammesüblichen Lauten wie "Nunu", die wir vorher aufgeschnappt hatten, gelingt uns die Integration in die Gruppe. Man glaubt, wir seihen ihresgleichen.

Plötzlich beginnen die Eingeborenen in einer uns völlig unverständlichen Sprache Lieder anzustimmen. Dabei spielen sie auf sehr einfachen, scheinbar selbstgebauten Instrumenten, wie zum Beispiel einem mit Drähten bespannten Holzkasten. Auch hüpfen und tanzen sie dabei um das Feuer und klatschen (jeder in seinem eigenen Rhythmus) in die Hände. Auch wird ein Gott namens "Holzmichl" angepriesen.

Für großes Aufsehen sorgt Konrads Taschenlampe am Kopf, ein Head-Light. Die Kinder der Eingeborenen bieten ihm diverse Dienste und Wertgegenstände im Tausch gegen dieses Wunderwerk an. Auch stimmen die Erwachsenen Männchen und Weibchen der Gruppe plötzlich das Bergmannslied "Der Steiger" an. Leider scheint ihnen die vollendete Version von H. Grönemeyer völlig unbekannt.

Nach einer Weile ziehen wir uns unauffällig vom Ort des Geschehens zurück. Die Gesänge hallen in dieser Nacht noch lange durch die umliegenden Wälder ...

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Buch zur Tour

Als wunderbar geeignet als Routenbeschreibung haben sich die bikeline-Bücher von Esterbauer erwiesen.
Wir nutzen für die Tour das Muldental-Radweg Buch.
Bikeline Radtourenbuch, Muldental-Radweg
ISBN: 3850000095
Preis: 10,40 Euro

 

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